»Das Leben ist nicht immer planbar«: Interview mit Autodidakt Dirk Wink-Hartmann
Dass er als Maler so gefragt sein würde, damit hätte Dirk Wink-Hartmann nicht gerechnet. Mit zwölf Jahren hatte er eine eigene Band, später gründete er zusammen mit einem Freund und Bandkollegen die Konzertagentur undercover – vor allem, um eigene Auftritte zu finanzieren. Seit seinem Burnout 2012 beschreitet Dirk-Hartmann ganz neue Wege: Er brachte sich das Malen autodidaktisch bei, stellte seitdem an zahlreichen Orten aus und steuerte auch zur BraWoPark-Eröffnung ein Gemälde bei …
Herr Wink-Hartmann, Ihr Werdegang als Künstler ist kurz und ungewöhnlich: Sie sind Autodidakt, haben erst vor drei Jahren mit dem Malen begonnen und Ihre erfolgreiche Karriere in der selbstgegründeten Konzertagentur undercover beendet. Wie kam dieser Sinneswandel?
Es war kein frei gewählter Sinneswandel. Ein Burnout hat mich gezwungen, einen anderen Weg ein zu schlagen. Während einer Therapie hatte ich die ersten Berührungspunkte mit Farben und Pinsel. Die Malerei hat mich in den Bann gezogen und ich bin sehr froh und dankbar über die neue berufliche Leidenschaft.
Wenn man Ihre Bilder sieht, glaubt man nicht, dass Sie vor 2012 noch nie einen Pinsel in der Hand gehalten haben …
Vielen Dank! Ich bin selbst immer wieder überrascht, welche Veränderungen und Entwicklungen ich erlebe. Ich habe noch viele Ideen und möchte Neues ausprobieren. Ausstellungen und Bildauktionen, zum Beispiel bei der Deutschen Bank Hannover, Volksbank Braunschweig, Schauspielhaus Hannover oder dem Porsche Zentrum Braunschweig, haben mich beflügelt und gestärkt, meinen Weg in der Malerei weiter zu gehen.
Haben Sie je den Schritt, Künstler zu werden bereut?
Ich bin froh, dass ich mit der Malerei einen neuen kreativen Schaffensmittelpunkt gefunden habe. Jahre zurückblickend hätte ich niemals gedacht, mich mit etwas anderem als Konzerten, Musik und der Agentur zu beschäftigen. Das Leben ist halt nicht immer planbar und daher spannend. Mein Umfeld und mein Optimismus haben mir in der ganzen Zeit sehr geholfen.
Was fasziniert Sie an der Malerei?
Mit relativ wenigen und einfachen Hilfsmitteln Dinge zu erschaffen, ist sehr spannend. Eigentlich ist ja alles nur Licht und Schatten und etwas Farbe an der richtigen Stelle. Beim Malen vergesse ich alles um mich herum – ein schöner Zustand.
Wer oder was inspiriert Sie, haben Sie ein künstlerisches Vorbild?
Ich schaue mich gern und viel um. Bei Ausstellungen, in Bildbänden oder im Internet. Überall gibt es viel zu entdecken. Seit ich male, hat sich meine Auffassungsgabe geändert – ich schaue genauer hin.
Ihr Output an Kunstwerken ist sehr hoch. Können Sie beziffern, wie viele Bilder Sie insgesamt gemalt haben? Welches Werk finden Sie besonders gelungen?
Ich habe an die 200 Bilder unterschiedlichster Größe gemalt. Menschen stehen dabei im Vordergrund. Natürlich habe ich meine Favoriten, aber es ist spannend, mit anderen darüber zu sprechen und zu erfahren, wie andere Menschen meine Bilder sehen und welche ihnen am Besten gefallen.
Sie malen vorrangig Portraits – warum? Und: Was muss man bei der Portraitmalerei beachten?
Irgendwie stand der Mensch ja schon immer im Mittelpunkt meiner Arbeit. Der Künstler, der Konzertbesucher und auch das Team um mich herum. Mich interessieren Menschen. Ich versuche, den Charakter des Menschen einzufangen. Es gibt viel Möglichkeiten, Portraits zu malen. Ich bevorzuge momentan, viele dünne lasierende Ölfarbschichten übereinander zu setzen. Es entsteht so eine schöne Farbtiefe. Zuerst male ich die groben Konturen und dann die Augen. Wenn die Augen gut sind, wird auch meistens das ganze Gemälde gut.
Was sind es für Persönlichkeiten, die Sie malen, und wie suchen Sie sie aus? Posieren diese bei Ihnen als Model oder malen Sie nach Foto-Vorlagen?
Ich bin auf der Suche nach Menschen, die für mich eine ganz besondere Persönlichkeit ausstrahlen. Ich nutze meistens Fotos als Vorlage. Die Models fotografiere ich teilweise selbst. Ob den „Amerikanischen Landarbeiter“ (mein Kumpel Frederick) oder „Matthias vom Ringerbrunnen“ (Matthias sitzt immer mit seinem Hund am Ringerbrunnen und verdient sich etwas dazu). Ich arbeite oft Wochen an einem Portrait.
Welche Motive finden sich – neben Portraits – außerdem in Ihrem Portfolio?
Ich male auch abstrakte Bilder. In einer Reihe von kleinen Tagesbildern habe ich mich mit Alltagssituationen beschäftigt. Aber auch Zeichnungen mit Tusche und Feder finde ich, wegen ihrer Schlichtheit, klasse.
Was möchten Sie mit Ihrer Kunst beim Betrachter erreichen?
Ich male ernste, melancholische Menschen die im Leben stehen. In der schnelllebigen Zeit, in der alles vorbeirauscht, möchte ich den Betrachter einladen, sich Zeit für das Portrait (den Menschen) zu nehmen. Sich Gedanken zu machen, was ist das für eine Person wieso wird sie genauso dargestellt. Ich beschäftige mich während der Arbeit ganz intensiv mit meinem Model.
Was war das schönste Kompliment, das Sie für eines Ihrer Bilder bekommen haben?
Eine Kunsthisorikerin hat über meine Bilder geschrieben: „…zuerst habe ich die abstrakten Werke angesehen und fand diese in Komposition und Struktur ausgesprochen überzeugend. Wenn jemand so gut mit Farbe umgehen kann, dann ist oftmals das gegenständliche Oeuvre und besonders die Portraitmalerei eher schwach. Mit diesem Hintergedanken habe ich als nächstes die Menschenbilder aufgerufen. Aber auch hier muss ich sagen: Hut ab!“
Im Sommer 2013 haben Sie am Kunstwettbewerb des Viertels des Botanischen Gartens teilgenommen und gewonnen. Wie kam es zur Teilnahme?
Ich habe von dem Wettbewerb in der Zeitung gelesen und dann einfach beschlossen, daran teil zu nehmen. Die Einladung zu der Preisverleihung war schon sehr spannend. Mit einem Gewinn hätte ich nie gerechnet.
Sie konnten nicht nur viele Ihrer Werke ausstellen und erste Preise für Ihre Kunst gewinnen, sondern haben kürzlich ein Gemälde zur BraWoPark-Eröffnung beigesteuert. Das ist sicherlich eine große Ehre …
Die Anfrage, ein Gemälde vom BraWoPark zu malen, hat mich sehr gefreut und ich habe es in der Tat als große Ehre empfunden. In relativ kurzer Zeit ist das Ölgemälde entstanden. Einige Nachtschichten waren daher nicht zu vermeiden.
Sehen Sie zwischen dem „Konsumtempel“ BraWoPark und Ihrer Kunst einen Widerspruch?
Ich glaube, da ist ein großes Stück baulicher Veränderung und Aufwertung des Viertels entstanden. Es ist ein repräsentatives Eingangstor für die Besucher, die Braunschweig mit der Bahn erreichen, erbaut worden.
Künstlerisch begabt sind Sie nicht nur als Maler, sondern auch in puncto Musik. Ihre Band „Royal M Parade“, die Sie mit zwölf gründeten, ist bis Mitte der 90er Jahre sehr erfolgreich durch Deutschland getourt. Wie sah das damals aus?
Es war eine ganz tolle Zeit und ich erinnere mich gern zurück. Sie war kreativ und arbeitsintensiv. Wir haben bei hunderten von Konzerten viel erlebt. Ich glaube, dass ich viel Erlebtes in meinen Bildern verarbeite. Wenn ich so richtig überlege, habe ich immer nur das gemacht, wozu ich Lust hatte. Erst die Musik, dann die Agentur und jetzt die Malerei.
Wofür steht das „M“ im Bandnamen?
Der Name ist in einem sehr langen kreativen Brainstorming entstanden – ich glaube, etwas viel Bier war auch im Spiel ;o). Das lässt sich nicht mehr so genau auseinander sortieren.
Welche Projekte haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen? Werden Sie bei der Malerei bleiben oder gibt es bald wieder ein neues Talent von Ihnen zu bewundern?
Ich habe für 2016 schon Pläne für neue Ausstellungen und Projekte. Vom 24. April bis 19. Juni 2016 stelle ich im Schloss Plaue bei Brandenburg aus. In Braunschweig wird es eine Ausstellung mit ganz neuen Bildern zu sehen geben. An weiteren Projekten arbeite ich.
Katharina Holzberger (SUBWAY Medien) / Fotocredit: Dirk Wink-Hartmann